Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine weit verbreitete, jedoch oft missverstandene Erkrankung, die Millionen von Menschen weltweit betrifft. Die Symptome variieren von Bauchschmerzen über Blähungen, bis hin zu Durchfall und Verstopfung.
Obwohl es zahlreiche Medikamente auf dem Markt gibt, die Linderung versprechen, berichten viele Betroffene, dass diese Mittel nicht die erhoffte Wirkung zeigen.
Dies wirft die Frage auf: Warum helfen Medikamente gegen Reizdarm oft nicht?
Die Natur des Reizdarmsyndroms
Das RDS ist eine funktionelle Darmerkrankung, was bedeutet, dass sie nicht durch sichtbare strukturelle Veränderungen im Verdauungstrakt verursacht wird. Stattdessen ist sie durch eine gestörte Darmfunktion und eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Reizen gekennzeichnet.
Eigentlich ist das RDS eine Ausschlussdiagnose, das heißt, erst wenn alle anderen Krankheiten, wie chronisch entzündliche Darmerkrankungen, ausgeschlossen sind, kann die Diagnose RDS gestellt werden. Ketzerisch könnte man auch sagen, dass es eine Verlegenheitsdiagnose ist, da man nichts anderes findet und Betroffene eine diagnose brauchen.
Dies macht die Behandlung besonders schwierig, da die Ursachen von Person zu Person unterschiedlich sein können und oft multifaktoriell sind.
Medikamente und ihre Grenzen
Viele Medikamente, die zur Behandlung vom RDS verschrieben werden, zielen auf spezifische Symptome ab.
Zum Beispiel werden Spasmolytika (krampflösende Arzneimittel) zur Linderung von Krämpfen und Schmerzmitteln zur Schmerzreduktion eingesetzt.
Diese symptomorientierte Behandlung übersieht jedoch oft die zugrunde liegenden Ursachen und kann, meiner Erfahrung nach, nur begrenzte Erfolge erzielen.
Spasmolytika
Spasmolytika sollen Muskelkrämpfe im Darm lindern. Während sie kurzfristig Erleichterung verschaffen können, ändern sie aber nicht die zugrunde liegenden Ursachen des RDS, wie z.B. eine gestörte Darm-Hirn-Achse oder eine schlechte Verteilung der Darmbakterien. (siehe hier)
Laxantien und Antidiarrhoika
Laxantien (Abführmittel) werden bei Verstopfung und Antidiarrhoika bei Durchfall eingesetzt.
Diese Medikamente können zwar die jeweiligen Symptome lindern, sie führen jedoch oft zu einer Verschlimmerung des RDS, da sie das empfindliche Gleichgewicht des Darms weiter stören können.
Antidepressiva
In einigen Fällen werden Antidepressiva verschrieben, um die Schmerzempfindlichkeit zu verringern und die Darm-Hirn-Achse zu beeinflussen.
Obwohl sie bei einigen Patienten eine gewisse Linderung bringen können, sind sie keine spezifische Lösung für das RDS und können erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen.
Zudem sollte jeder Patient wissen, dass Antidepressiva keine Zulassung für die Diagnose RDS haben und im sogenannten off-label-use gegeben werden. Das heißt, dass der verschreibende Arzt für die Verschreibung haftet und nicht der Hersteller.
Es gibt viele Medikamente, die für mehr Erkrankungen gegeben werden, als nur für die, für die sie zugelassen sind. Das braucht dann aber vom verschreibenden Arzt eine besondere Aufklärung und jeder Patient sollte genau das auch erfahren.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin kein Gegner von Antidepressiva! Im Gegenteil. Ich sehe sie häufig als Krücke und Hilfe bei der Gesundung. Trotzdem denke ich, dass Patienten aufgeklärt werden müssen, dass es ein off-label-use ist.
Alternative Ansätze zur Behandlung vom RDS
Angesichts der begrenzten Wirksamkeit vieler Medikamente suchen immer mehr Menschen nach alternativen Behandlungsmethoden. Diese Ansätze zielen darauf ab, die zugrunde liegenden Ursachen des RDS zu behandeln und eine möglichst langfristige Linderung zu bieten.
Häufig lese ich, vor allem auf Social Media, von wahren Heilsbringern:
„Wenn Du nur einmal am Tag dieses Lebensmittel isst, dann wird Dein RDS von alleine verschwinden.“
„Heile Dein RDS damit: XY“
„Wenn Du diese 5 Dinge tust, dann ist Dein RDS für immer Geschichte“
Ich weiß dann immer nicht ob ich weinen, oder vor Wut platzen soll.
Ganz ehrlich! Gäbe es dieses EINE Lebensmittel das hilft, dann gäbe es doch auch kein RDS mehr, oder?
Ich finde das nicht nur unseriös (Schlagzeilen wie in der Boulevardpresse), sondern finde, dass das einfach eine komplette Verarsche ist.
Es gibt nicht DIE EINE Lösung!
Gibt es Dinge, die Sie tun können dass Ihre Beschwerden gelindert werden? Ja!
Kann ich Sie dabei unterstützen? Sicher!
Aber eben nur nach einer genauen Diagnostik und Befragung zu Ihrer Krankengeschichte.
Ihr RDS ist genauso individuell wie Sie selbst auch, deswegen sind solche Versprechen, dass eines für alle hilft einfach Mist. Und manchmal gibt es nur eine Linderung, aber keine Heilung.
Was könnte also helfen Ihre Beschwerden zu lindern?
Ernährungsumstellung
Viele Patienten berichten von signifikanten Verbesserungen durch eine gezielte Ernährungsumstellung.
Der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel KANN bei einigen Betroffenen zu einer Linderung der Symptome führen. Aber auch hier ist die Form der Ernährungsumstellung individuell sehr verschieden.
Probiotika und Präbiotika
Das Darmmikrobiom spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Behandlung von RDS.
Probiotika und Präbiotika können helfen, das Gleichgewicht der Darmbakterien zu verbessern und so die Symptome zu lindern.
Sollte man jetzt einfach so irgendein Probiotika einnehmen? Nein, nur nach einer ausführlichen Diagnostik. (Siehe hier)
Stressmanagement und Psychotherapie
Da Stress und psychische Faktoren eine wichtige Rolle beim RDS spielen, können Techniken zur Stressbewältigung eine Linderung bringen.
Der Darm-Hirn-Achse sollte beim RDS wirklich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Zusammenfassung
Die Behandlung vom Reizdarmsyndrom bleibt eine Herausforderung, da die Erkrankung komplex und individuell unterschiedlich ist.
Medikamente, die auf die Linderung einzelner Symptome abzielen, können zwar kurzfristig helfen, bieten aber oft keine langfristige Lösung. Es ist an der Zeit, dass ein ganzheitlicherer Ansatz verfolgt wird, der die vielfältigen Ursachen des RDS berücksichtigt und den Betroffenen eine nachhaltige Linderung ihrer Beschwerden ermöglicht.
Alternative Ansätze wie Ernährungsumstellungen, Therapie des Darmmikrobioms und Stressmanagement bieten vielversprechende Möglichkeiten und sollten in den Fokus der Behandlung rücken.
Wenn Sie wissen möchten, ob ich Sie bei Ihren Beschwerden unterstützen kann, dann melden Sie sich gerne zu einem kostenfreien Erstgespräch bei mir.
Herzlichst
Ihre Nicole Ulbrich